Von der Idee zum Theaterworkshop

 

Autorinnen (v. l.):

Jitka Kremer
Theaterpädagogin, Dipl.-Sozialpädagogin/Sozialarbeiterin
Sozialdienst Berolina Klinik

Sonja Bennefeld
Theaterpädagogin (BuT), Dipl.- Sozialpädagogin
Sozialdienst Berolina Klinik

Es war einmal…

…so fangen viele gute Geschichten an und so wollen wir es hier auch handhaben.

Es treffen sich zwei Theaterpädagoginnen in der Berolina Klinik, lernen den Rehabilitationsalltag kennen, setzen sich mit vielen Fragen auseinander bis eine neue Idee anfängt zu keimen. Wie könnte ein Theaterangebot in der Klinik etabliert werden? Passt das Theaterspielen in den straffen Ablauf der Rehabilitation, gibt es überhaupt Theater in der Psychosomatik?

Nach kurzer Recherche ist es klar: Psychosomatik und Theater ist kein fertiges Konzept und nicht etwas, was jede Klinik anbietet. Es werden erstmal Ärmel hochgekrempelt, ein Konzept geschrieben, überarbeitet und den Chefärzten vorgestellt. Im März 2020 wurde alles erstmal wegen Corona aufs Eis gelegt….Wie soll Theater ohne Körperkontakt und mit Abstand funktionieren? Mit der Zeit war klar, dass ES ausprobiert werden darf: mit Abstand und einer medizinischen Maske, ohne Requisiten. Somit werden seit Dezember 2020 in der Berolina Klinik im Freizeitbereich regelmäßige Theaterangebote veranstaltet. Organisatorisch haben am Anfang Wochenendworkshops (jeweils freitags und samstags á 2,5 Stunden) mit acht Teilnehmer:innen stattgefunden. Seit August 2021 wird in der Regel an vier Abenden (á 2 Stunden) gespielt. Die Teilnehmer:innenzahl von maximal acht hat sich für die intensive Gruppenarbeit gut bewiesen. Das heißt fast 1.000 Patient:innen konnten bisher an unseren Workshops teilnehmen.

Für uns ist das Theater eine besondere Form des Spiels und das Spiel ein wesentlicher Bestandteil der ganzheitlichen menschlichen Entwicklung. Das Spielen im geschützten Raum erlaubt den Menschen grundlegende Fähigkeiten im Umgang mit sich selbst und anderen zu erlernen. Durch die Auseinandersetzung mit der Rolle werden innere Erwartungen überprüft, überwunden und neue ausprobiert. Dadurch entstehen ganz automatisch alternative Sichtweisen und neue Handlungsoptionen. Durch die spielerische Beschäftigung mit der eigenen Person innerhalb einer Gruppe wirkt sich Theater Identitätsbildend und sinnstiftend aus.

In der Rehabilitation ist der Alltag der Patient:innen von ihren beruflichen und privaten Problematiken geprägt. Im Theater-Workshop sind das keine offensichtlichen Themen, der Mensch  an sich steht im Vordergrund. Das Erleben vom Positiven und der Spaß in der Gruppe sind wunderbare aktive Erfahrungen, wobei kreative Prozesse geweckt werden. Dadurch passiert eine Öffnung zu alternativen Handlungsoptionen der Einzelnen. Die Methoden der Theaterpädagogik bieten eine sinnvolle Ergänzung zum gesamten Rehabilitationsprozess. Die kognitiven Fähigkeiten stehen nicht im Vordergrund, sondern es geht um sinnliche Erfahrungen, um Zugang zu sich selbst und den eigenen Gefühlen. Die persönlichen Grenzen werden wahrgenommen und sanft erweitert. Die Teilnehmer:innen begegnen sich im „hier und jetzt“ in einem spielerischen freien Raum.
Wir haben für uns Arbeitsfelder definiert, die wir in den Workshops bearbeiten möchten. Zu nennen sind hier die Körperarbeit, -sprache, Raumübungen, Rollenarbeit und Szenenarbeit und wir versuchen diese mit  folgenden Methoden ab zudecken: Körper-/Bewegungsarbeit, Übungen zur Selbstverortung, Raumlaufübungen, Assoziationsspiele, Konzentrationsspiele, Pantomime, Improvisationsübungen, Tanzelemente, Rhythmus, Rollenarbeit und Szenenentwicklung

Ein Ablauf eines Workshops sieht wie folgt aus:
Die Gruppe trifft aneinander, oft sich unbekannte Menschen. Es geht los im  Kreis und am Anfang steht eine Aktivierungsübung. Die Teilnehmer:innen haben z. B. eine imaginäre magische Knete und diese wird zu einem Kunstwerk geformt – jede:r formt für sich selbst. Es geht weiter mit Assoziationsübungen (jede Person assoziiert ein Bild zu einem Wort, eine Geste, ein Geräusch), Konzentrationsspiele, jede:r sagt ein Wort und das ergibt eine Geschichte. Die Raumlaufübungen dienen der Auseinandersetzung mit dem Raum, sich Raum zu nehmen und anderen Raum lassen. Es werden unterschiedliche Gangarten, Geschwindigkeiten, Stimmungen ausprobiert, die Rolle der Musik und mit der Assoziation zur Musik gespielt. Weiterhin wird die Bühne eröffnet oder Kleingruppenarbeit mit Rollen angeboten. Das Programm ist bunt gemischt, hängt auch von den persönlichen Erfahrungen und Vorlieben der Theaterpädagoginnen zusammen. Am Ende findet immer eine kurze Rückmeldungsrunde statt – wie ist es den Patient:innen ergangen, was nehmen sie mit?
Hier ein paar Stimmen:

„Hier ist es egal warum ich hier bin oder welchen Beruf ich habe,
     ich kann ich sein.“,

                 „Ich habe meine Schmerzen vergessen“,

„Ich hab mal alles um mich herum vergessen.“,

            „Ich war seit Ewigkeiten nicht mehr so unbeschwert.“

     „Ich hab lange nicht mehr so gelacht.“

               „Ich bin froh, dass ich mich getraut hab teilzunehmen,
                      es war super.“

Wir als Theaterpädagoginnen stehen jedes Mal vor der Herausforderung eine neue Gruppe in Bewegung, Spiel und sich aufeinander einlassen zu bekommen. Das jetzige Erleben in den Vordergrund zu stellen und die Patient:innen auf diese kreative Reise mitzunehmen. Dies gelingt uns gut mit unseren Methoden und jahrelangen Erfahrungen im kreativen künstlerischen Bereich. Es ist wunderbar zu sehen, was zu Stande kommt, wie die Teilnehmer:innen ihre Komfortzonen verlassen, wie Kreativität und Spaß nach vorne rücken und der künstlerische Prozess ins Rollen kommt. Diese Arbeit macht nicht nur den Patient:innen Spaß, sondern uns auch.
 
Und wenn sie nicht gestorben sind…
…dann spielen sie noch lange weiter und möchten zum einem festen Bestandteil im Therapieplan der Patient:innen werden. Auch Veröffentlichungen in der Form eines Buches sind geplant.


Zur unseren Personen:

Sonja Bennefeld, Theaterpägagoin (BuT), Dipl.- Sozialpädagogin
Frau Sonja Bennefeld ist seit 20 Jahren als Theaterpädagogin tätig. Sie arbeitet mit Kindern, Jugendlichen, Menschen mit oder ohne Behinderung. Entwickelt mit denen Theaterstücke, Kneipenkrimis und führt Regie in unterschiedlichen Projekten. Sie selber spielt wie eine Verrückte und ist immer offen für neue Projekte und ist seit August 2017 im Sozialdienst der Berolina Klinik beschäftigt.
Jitka Kremer, Theaterpädagogin, Dipl.-Sozialpädagogin/Sozialarbeiterin
Frau Jitka Kremer hat die Improvisation für sich vor langer Zeit entdeckt und ist überzeugt, dass jede:r kreativ sein und Theater spielen kann. Sie hat bei unterschiedlichen Projekten mitgewirkt, selber Theaterkurse für Kinder, Jugendliche und Erwachsene angeboten, in einer Improvisationstheatergruppe gespielt und an einigen Theaterstücken mitgewirkt und ist seit Januar 2016 im Sozialdienst der Berolina Klinik beschäftigt.

Ihr Kontakt zu IREHA

 
Adresse/Ansprechpartner:
IREHA – Institut für Innovative Rehabilitation
 
Ärztlicher Leiter:
Prof. Dr. med. Gerhard Schmid-Ott
Kontakt/Sekretariat:
Frau Verena Linnenkamp
Koblenzer Straße 1
D-32584 Löhne/Bad Oeynhausen
Telefon +49 (0) 5731-782752
Fax +49 (0) 5731-782777
E-Mail: info@ireha.de

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