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26.05.2019 | IREHA | Klinikprojekte | Berolina Klinik

Behandlung von chronischen Kopfschmerzsyndromen und Migräne mit psychischer Komorbidität in der Berolina Klinik

Rolf Süllwold, Chefarzt Psychosomatik Berolina Klinik

Kopfschmerzen inklusive Migräne gehören zu den fünf häufigsten chronischen Krankheiten weltweit und haben signifikante negative Auswirkungen auf die langfristige Lebensqualität [1]. Viele Jahre wurde die gesellschaftliche Bedeutung von Kopfschmerzen unterschätzt - sie sind ja nicht tödlich und fast jeder hat schon einmal Kopfschmerzen gehabt. Seit einigen Jahren jedoch treten die sozialmedizinischen Dimensionen unbehandelter Kopfschmerzen und ihre Auswirkungen auf die Arbeitsfähigkeit immer deutlicher hervor [2]. Das gilt insbesondere für Migräne, die weltweit die zweitwichtigste Ursache gesundheitlicher Beeinträchtigungen überhaupt ist [3]. Kopfschmerzen als chronische Erkrankung werden heute als eine der größten Herausforderungen für das Versorgungssystem betrachtet. Neue Behandlungsansätze sind notwendig, die den Betroffenen helfen, ihre Kopfschmerzen langfristig ohne Übergebrauch von Schmerzmitteln unter Kontrolle zu halten.

Ein besonderes Problem für Kopfschmerzpatienten sind komorbide Angststörungen oder klinische Depressionen, die bei Patienten mit primären Kopfschmerzen im Vergleich zur Normalbevölkerung häufiger vorkommen [4]. Diese Patientengruppe findet in der Berolina Klinik besonders gute Rahmenbedingungen, um wirkungsvolle Strategien der Krankheitsbewältigung sowohl für ihre Kopfschmerzen als auch für die begleitenden psychischen Störungen zu entwickeln.

Die Kopfschmerzbehandlung in der Berolina Klinik ist interdisziplinär und besteht aus Modulen aus allen Behandlungsbereichen der Klinik. Sie erfolgt in Anlehnung an gültige Leitlinien der Deutschen Gesellschaft für Neurologie [5, 6]. Die beste Evidenz liegt für eine Kombination von medikamentösen Optionen mit Ausdauersport und verhaltenstherapeutischen Angeboten wie Schmerzbewältigung, Biofeedback, Entspannungstechniken und Stressmanagement vor. Kognitiv-verhaltenstherapeutische Verfahren der Psychotherapie (KVT) werden für Patienten empfohlen, für die pharmakologische Verfahren kontraindiziert, nicht effektiv oder nicht gewollt sind, für Patienten mit außergewöhnlicher Stressexposition ohne die Fähigkeit zur Stressbewältigung und für Patienten mit besonderer Einschränkung der Lebensqualität [7].

Die Behandlung von Kopfschmerzen und Migräne ist in der Berolina Klinik auf drei Behandlungswochen ausgelegt. Der Aufenthalt ist in der Regel stationär, eine teilstationäre Behandlung ist aber ebenfalls möglich. Zentraler Bestandteil der Behandlung ist die multimodale kognitiv-verhaltenstherapeutisch ausgerichtete Kopfschmerz-Balance-Gruppe, die ausschließlich aus Rehabilitanden mit Kopfschmerzerkrankungen bestehen. Darüber hinaus findet eine besondere ärztliche psychosoziale Anamnese und Evaluation mit einem Kopfschmerztagebuch statt. Die Rehabilitanden erhalten vor ihrer Anreise den Kopfschmerzkalender unserer Klinik (an den Kalender der Deutschen Migräne- und Kopfschmerzgesellschaft angelehnt: www.dmkg.de/patienten/dmkg-kopfschmerzkalender.html) und bringen diesen ausgefüllt zur Aufnahme mit. Im Rahmen der ärztlichen Anamnese wird der Kopfschmerzkalender besprochen und der Gebrauch von Schmerzmedikamenten während der letzten Wochen und Monate gründlich überprüft. Eine Beurteilung für Kopfschmerzen durch übermäßigen Gebrauch von Schmerzmitteln wird durchgeführt und Medikamente werden gegebenenfalls neu eingestellt. Drei chefärztlich gehaltene Kopfschmerzvorträge und ein chefärztlich geleitetes Kopfschmerzforum mit anschließend folgender Diskussionsrunde runden das Angebot ab.

Mit ca. 500 Kopfschmerzpatienten jährlich und Behandlungserfahrung auf diesem Gebiet seit 2004 ist die Berolina Klinik eine wichtige Adresse für die multimodale rehabilitative Behandlung von Kopfschmerzen mit psychischer Komorbidität geworden.

Weitere Informationen finden Sie auf der eigenen Homepage der Abteilung Kopfschmerz und Migräne, die aktuell einen kompletten Relaunch erfahren hat, unter www.klinik-für-migräne.de.

 

Literatur:

[1] G. B. D. Disease Injury Incidence Prevalence Collaborators. Global, regional, and national incidence, prevalence, and years lived with disability for 328 diseases and injuries for 195 countries, 1990-2016: a systematic analysis for the Global Burden of Disease Study 2016. Lancet. 2017; 390: 1211-59.
[2] Martelletti P, Birbeck GL, Katsarava Z, Jensen RH, Stovner LJ, Steiner TJ. The Global Burden of Disease survey 2010, Lifting The Burden and thinking outside-the-box on headache disorders. J Headache Pain. 2013; 14: 13.
[3] G. B. D. Headache Collaborators. Global, regional, and national burden of migraine and tension-type headache, 1990-2016: a systematic analysis for the Global Burden of Disease Study 2016. Lancet Neurol. 2018; 17: 954-76.
[4] Nickel R, Nickel U. Komorbide psychische Erkrankungen bei primären Kopfschmerzen – Häufigkeit und klinische Relevanz. psychoneuro. 2008; 34: 350-4.
[5] Diener HC, Gaul C, Kropp P et al. Therapie der Migräneattacke und Prophylaxe der Migräne, S1-Leitlinie. AWMF-Registernummer: 030/057. In Neurologie DGf (Ed.) Leitlinien für Diagnostik und Therapie in der Neurologie. Online: www.dgn.org/leitlinien (abgerufen am 13.05.2019).
[6] Deutsche Gesellschaft für Neurologie. 2012. Leitlinien für Diagnostik und Therapie in der Neurologie. Kapitel Kopfschmerzen und andere Schmerzen, S1-Leitlinie Therapie der Migräne.
[7] Diener HC. 2015. Therapie der Migräne. AWMF-Registernummer: 030/057. Gültig bis September 2017. Zurzeit in Überarbeitung. Köln: Deutsche Gesellschaft für Neurologie.

 

 


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