Mögliche Schäden durch somatische Diagnostiken bei und chirurgische Therapien von Patient*innen mit somatoformen Störungen in der ambulanten Medizin
Autor: Prof. Dr. med. Gerhard Schmid-Ott
wissenschaftlicher Berater Berolina Klinik
Die Häufigkeit von funktionellen somatischen Syndromen (FSS) in der hausärztlichen Versorgung wird auf ca. 26 bis 35 % geschätzt [1]. Die klinische Erfahrung hat Fachärzt*innen für psychosomatische Medizin und Psychotherapie, für Psychiatrie und Psychotherapie bzw. psychologische Psychotherapeut*innen u. a. Folgendes gelehrt: Patient*innen mit FSS unterziehen sich überzufällig häufig (im Vergleich zu Patient*innen ohne diese Erkrankungen) diagnostischen Prozeduren (Röntgen, CT) und ambulanten Operationen. Entsprechende empirische Belege für große Stichproben in Deutschland standen bisher jedoch aus. Deshalb ist die im Folgenden dargestellte Studie von Schneider et al. [2] sehr verdienstvoll, die insgesamt 43.676 FSS-Patient*innen bzw. 50.003 Patient*innen der Kontrollgruppe ohne FSS-Diagnose untersuchte. Um die Vergleichbarkeit der beiden großen Stichproben zu gewährleisten, wurden alle FSS-Patient*innen statistisch so ausgewählt, dass ihr Alter, Geschlecht und Wohnbezirk dem der bayerischen Bevölkerung im Alter zwischen 18 und 50 Jahren im Jahr 2010 vergleichbar waren.
Die in dieser Studie untersuchte Stichprobe fokussiert die anonymisierten Daten von Patient*innen von 18 bis 50 Jahren der Kassenärztlichen Vereinigung Bayerns mit der Erstdiagnose einer der folgenden FSS im Jahr 2010:
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Neurasthenie bzw. Chronic Fatigue Syndrom (ICD-10-GM-Code F48.0 und G93.3)
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Somatoforme autonome Funktionsstörung unteres Verdauungssystem bzw. Reizdarmsyndrom (F45.32 und K58)
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Andere funktionelle intestinale Störung (K59)
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Fibromyalgie (M79.7)
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Spannungskopfschmerz (G44.2)
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Somatoforme Störung (F45.0)