Modellprojekt: Tandem-Lösungen für pflegende Angehörige und pflegebedürftige Personen
Pflegende Angehörige sind die tragende Säule der Pflege. Häufig stehen sie dabei unter einer hohen psychischen und physischen Belastung und sind sozialen Risiken ausgesetzt: Viele müssen zeitgleich Erziehungsarbeit, Beruf und Pflege vereinbaren – Befragungen unter pflegenden Angehörigen zeigen, dass sich über zwei Drittel stark bis sehr stark belastet fühlen. Doch Angehörige können die Pflegeverantwortung nur dann wahrnehmen, wenn sie selbst gesund sind.
Eine stationäre Vorsorge- oder Rehabilitationsmaßnahme für pflegende Angehörige kann Entlastung und neue Kraft für den Pflegealltag bieten. Im Vorfeld lautet eine wichtige Frage für Pflegende: Wer versorgt in dieser Zeit meinen pflegebedürftigen Angehörigen und wo weiß ich sie oder ihn in guten Händen?
Der Caritasverband für das Erzbistum Paderborn e. V. verantwortet ein Modellprojekt zur Konzeptentwicklung von Begleitangeboten für pflegebedürftige Personen während einer stationären Vorsorge- oder Rehabilitationsmaßnahme des pflegenden Angehörigen. Pflegende Angehörige und zu Pflegende bilden eine "pflegerische Einheit". Belastende häusliche Pflegesituationen wirken sich auf Dauer für beide gesundheitlich negativ aus und beeinträchtigen das Wohlbefinden.
Hier setzt das Modellprojekt an und schafft eine auf das Tandem ausgerichtete Lösung, die beispielsweise wie folgt aussehen kann: Das Tandem reist gemeinsam in den Klinikort, der pflegende Angehörige erfährt eine Entlastung im Rahmen einer Rehabilitation, der pflegebedürftige Angehörige wird vor Ort in einer Kurzzeitpflege versorgt. In der Kurzzeitpflege wird die Selbstständigkeit durch aktivierende und rehabilitative Ansätze gefördert – wenn sich der Gesundheitszustand verbessert, bietet das eine Entlastung für das gesamte häusliche Pflegesetting. Hinzu kommen gemeinsame Angebote für das Tandem: Die Vorsorge- oder Rehabilitationsklinik und Altenhilfeeinrichtung vor Ort kooperieren und stimmen sich nicht nur zur Organisation ab, sondern schaffen auch gemeinsame, auf das Tandem abgestimmte Angebote zur Stärkung der Interaktion. Der Wunsch nach Nähe und Distanz zwischen den Betroffenen wird dabei berücksichtigt. Die konzipierten Angebote schließen eine Lücke zur Versorgung des Pflegetandems und tragen dazu bei, dass sich das Wohlbefinden in der Häuslichkeit auf beiden Seiten erhöht.
Das Modellprojekt ist Teil des Verbundvorhabens „Prävention und Rehabilitation für pflegende Angehörige“ und wird von der Stiftung Wohlfahrtspflege NRW gefördert. Die Fachhochschule Bielefeld ist für die wissenschaftliche Begleitung und die Gesamtprojektkoordination im Verbundvorhaben verantwortlich. Die AW Kur und Erholungs GmbH, AWO Bezirk Westliches Westfalen e. V. leitet die weiteren Modellprojekte: Das Modellprojekt „Konzeptentwicklung stationäre Vorsorge und Rehabilitation für pflegende Angehörige“ sowie das Modellprojekt „Konzeptentwicklung Case Management für pflegende Angehörige“.
Die Kurberatungsstellen der Freien Wohlfahrtspflege beraten pflegende Angehörige wohnortnah und kostenlos zu Angeboten der stationären Vorsorge oder Rehabilitation, unterstützen bei der Antragstellung und besprechen die Versorgungsmöglichkeiten der pflegebedürftigen Person. Weitere Informationen unter https://www.kuren-fuer-pflegende-angehoerige.de/.
Gefördert von der Stiftung Wohlfahrtspflege NRW Kontakt: Linda Hagemann, Caritasverband für das Erzbistum Paderborn e. V., Projektleitung „Konzeptentwicklung zu Begleitangeboten für Pflegebedürftige"
Telefon: 0 52 51/20 94 33
l.hagemann@ caritas-paderborn. de
Die Berolina Klinik und das Seniorencentrum St. Laurentius beteiligen sich am Projekt PuRpA
An dem im vorstehenden Bericht dargestellten Projekt des Landes NRW „Prävention und Rehabilitation für pflegende Angehörige (PuRpA)“ wirken auch die Berolina Klinik und das Seniorencentrum St. Laurentius in Löhne mit.
Die Geschäftsführung der Berolina Klinik nahm bereits 2015 dieses Thema in den Fokus und erarbeitete zusammen mit einer kooperierenden Pflegeeinrichtung ein entsprechendes Konzept, das nach Freigabe durch die Deutsche Rentenversicherung Bund 2016 als weiteres Reha-Angebot startete.
Gemeinsame Rehabilitation – aber dennoch getrennt
Wenn eine längere Trennung der Pflegeperson und der/des zu pflegenden Angehörigen nicht gewünscht wird oder zu Hause nicht möglich ist, wird während der Rehabilitationsmaßnahme der/des pflegenden Angehörigen die pflegebedürftige Person in dem kooperierenden Seniorencentrum St. Laurentius liebevoll versorgt. Diese Variante bietet der/dem pflegenden Angehörigen die Möglichkeit, sich unbesorgt auf die eigenen Bedürfnisse zu konzentrieren, ohne den regelmäßigen persönlichen Kontakt mit der/dem Angehörigen abbrechen zu müssen.
Bisher haben 31 Rehabilitand*innen eine solche Reha in der Berolina Klinik wahrgenommen, alle mit einer zeitgleichen Unterbringung der zu pflegenden Person im ortsnahen Seniorencentrum St. Laurentius im Rahmen einer Kurzzeit- bzw. Verhinderungspflege.
In der nunmehr fünfjährigen Zusammenarbeit konnten bereits viele Erfahrungen gesammelt und konstruktiv genutzt werden. Eingeflossen sind hier immer auch die speziell erfragten Rückmeldungen der Rehabilitand*innen. Was allerdings bislang nicht verwirklicht werden konnte, sind auf das Thema fokussierte Therapiegruppenangebote, da bislang immer nur einzelne Patient*innen dieses Angebot für pflegende Angehörige genutzt haben.
Durch das Projekt „PuRpA" erhält das Thema nun auf verschiedenen Ebenen einen entsprechenden Rückenwind. Der im Rahmen des Projektes stattfindende Austausch und die konstruktive Zusammenarbeit mit anderen beteiligten Einrichtungen – mit dem Ziel der Erarbeitung von interaktiven Angeboten sowohl für die Rehabilitand*innen als auch für die zu pflegenden Angehörigen als Teil eines Gesamt-Rahmenkonzeptes – schaffen eine gemeinsame Basis aller mitwirkenden Einrichtungen und geben wichtige Impulse für die eigene Arbeit.
Das Konzept der Berolina Klinik und des Seniorencentrums St. Laurentius wird aktuell um zusätzliche Angebote in den Bereichen Therapie, Beratung und Freizeitgestaltung ergänzt.
Dazu gehören u. a.:
-
Themenbezogene Therapieangebote
-
Ergänzende Sozialdienstberatung
-
Gesprächskreise, z. T. moderiert
-
Weitere Freizeitangebote wie z. B. Musikabende, Rikscha-Fahrten für Rollstuhlpatienten etc.
Durch die mittlerweile auf unterschiedlichen Ebenen entstandenen Netzwerke zum Thema Rehabilitation für pflegende Angehörige zeichnet sich bereits ein spürbar größeres Interesse ab. Eine Entwicklung, die von dem „Tandem“ in Löhne gerne unterstützt wird.
Es gibt sie – die Rehabilitation für pflegende Angehörige! Sagen Sie es weiter!