Das Syndrom der chronischen Erschöpfung


Alle Menschen kennen Zustände von Erschöpfung, wie sie einer stärkeren Anstrengung folgen. Wir alle haben erlebt, dass eine Erschöpfung, die auf eine längere Über-Anstrengung folgt, ausgeprägter ist als jene, wie wir sie alltäglich erleben.
Gewöhnlich wird Erschöpfung durch Regeneration ausgeglichen. Diese ermöglicht, uns von Erschöpfung wieder zu erholen, neue Energien zu sammeln und das Gleichgewicht (Homöostase) des Organismus wiederherzustellen.
Kommt es durch bestimmte Lebensumstände dazu, dass über lange Zeitstrecken hinweg eine stärkere Belastung auftritt, die wiederholt zu ausgeprägten Erschöpfungszuständen führt, ohne dass ausreichende Regenerationszeiten möglich sind, so kann dies in eine chronische Erschöpfung münden."
Wissenschaftliche Studien zeigen, dass der Mensch auf andauernde Erschöpfung ohne ausreichende Regenerationszeiten mit einer Umstellung des Stresssystems reagiert. Dieses wird dann nicht nur hochgefahren wie bei normalen Belastungs- und Erschöpfungssituationen, sondern es kommt durch die fehlenden Regenerationsphasen zum Dauerstress. Dieser lässt dann auch während der nächtlichen Ruhe- und Schlafphasen nicht mehr nach und laugt den Organismus aus. Nicht selten kommt es dadurch auch zum Auftreten von Ängsten und einer Verschlechterung der Stimmungslage.

Diagnostik

Die Diagnose des chronischen Erschöpfungssyndroms ist durch verschiedene Faktoren erschwert. Zum einen ist bei einer ersten Inaugenscheinnahme des Patienten oft nicht ersichtlich, ob es sich um ein chronisches Erschöpfungssyndrom handelt oder ob dies vorübergehend ist und durch Nachlassen der Belastung abklingen wird. Dann hätte es keinen Krankheitswert, sondern würde zum normalen Reaktionsspektrum gehören. Das ist in vielen Fällen nicht genau abschätzbar.

Ein weiteres Problem stellt die Tatsache dar, dass diese chronischen Erschöpfungssyndrome häufig mit anderen Begleiterkrankungen gekoppelt sind, so dass es nicht leicht ist, das chronische Erschöpfungssyndrom von diesen anderen Beeinträchtigungen abzugrenzen.

Die internationale Klassifikation der psychischen Erkrankungen, wie sie die Weltgesundheitsorganisation (WHO) herausgibt, kennt das chronische Erschöpfungssyndrom nicht. Es wird in dieser Klassifikation als „Nervenschwäche“ (Neurasthenie) aufgeführt.

Dabei werden zwei Formen unterschieden:
1. Bei dieser Form klagen Patienten „über vermehrte Müdigkeit nach geistigen Anstrengungen, häufig verbunden mit abnehmender Arbeitsleistung oder Effektivität bei der Bewältigung täglicher Aufgaben“.

2. Bei dieser Form soll das Schwergewicht auf „dem Gefühl körperlicher Schwäche und Erschöpfung nach nur geringer Anstrengung … begleitet von muskulären und anderen Schmerzen und der Unfähigkeit sich zu entspannen“ liegen.
Bei beiden Formen finden sich meist unangenehme körperliche Erscheinungen wie Schwindelgefühl, Spannungskopfschmerz, allgemeine Unsicherheit, Reizbarkeit, Freudlosigkeit und leichte Ängste. Der Schlaf ist oft gestört. Es kann aber auch ein vermehrtes Schlafbedürfnis auftreten. Häufig besteht eine übermäßige Sorge über die abnehmende geistige und körperliche Fitness.

Die Diagnose eines chronischen Erschöpfungssyndroms ist nur dann zu stellen, wenn die Symptome über mehr als drei Monate bestehen und sich nicht durch entsprechende Erholungsphasen abstellen lassen.

In den letzten 25 Jahren ist eine Form des chronischen Erschöpfungssyndroms, wie sie vor allem nach beruflicher Überanstrengung auftritt, unter dem Begriff „Burnout-Syndrom“ bekannt geworden.

Schwerere Formen der chronischen Erschöpfung können die Arbeits- und Erwerbsfähigkeit der Betroffenen einschränken bzw. gefährden.

Ursachen

In den meisten Fällen lässt sich eine bestimmte Konstellation von Ursachen ausfindig machen. In einem Fall kommt es vielleicht dazu, dass eine nahe stehende Person plötzlich gepflegt werden muss, was neben dem Arbeitsalltag, der ohnehin schon anstrengend ist, noch zu bewältigen ist. In einem anderen Fall mag sich jemand finanziell und von seiner Arbeitsleistung her mit einem Projekt (z. B. Hausbau oder Selbstständigkeit) übernommen haben, so dass er sich chronisch überanstrengt, da der Arbeitsanfall sonst nicht mehr zu bewältigen ist. Nicht selten ist auch eine chronische Überanstrengung bei Personen, die sich auf irgendeine Art und Weise minderwertig fühlen. Dann kann es leicht zu einer übermäßigen Anstrengung zur Erlangung von Anerkennung kommen oder es gibt Ängste, abgelehnt zu werden, wenn man nicht stets zur Verfügung steht. Dies sind nur einige Beispiele für mögliche Ursachengefüge.

Häufig kommt es zur Ausprägung eines chronischen Erschöpfungssyndroms vor dem Hintergrund anderer psychischer Beeinträchtigungen. Daher ist das chronische Erschöpfungssyndrom nicht selten mit anderen psychischen Erkrankungen vergesellschaftet. Dazu gehören etwa ausgeprägte Selbstunsicherheit, Traumatisierungen in der Vergangenheit, eine schwierige soziale und berufliche Entwicklung, prekäre (belastende) Arbeitsverhältnisse, aber auch Scheidungsfolgen, schwierige Familiensituationen u.ä.

Erheblich seltener sind chronische Erschöpfungssyndrome als Folge von Viruserkrankungen oder einer Chemotherapie. Diese Erschöpfungszustände haben unklare körperliche Mitursachen, was auf einen erheblichen Forschungsbedarf verweist. Dennoch bestehen in den meisten Fällen bedeutende psychische und soziale Begleiterscheinungen, die durch psychosomatische Behandlungsmaßnahmen beeinflusst werden können.

Behandlung

Die oben angeführten psychischen und sozialen Ursachengefüge lassen sich in der Regel durch Psychotherapie und Soziotherapie sowie konkrete Unterstützungsmaßnahmen behandeln und oft auch heilen. Dazu gehört auch, dass die Patienten – wo immer möglich – ihr Leben teilweise umstellen, so dass
z. B. weniger Überlastungen entstehen und sie sich mehr Regenerationszeiten gönnen.
Zunächst geht es bei der stationären psychosomatischen Rehabilitation bzw. der psychotherapeutischen Behandlung darum, die persönlichen Ursachen für die stete Verausgabung ausfindig zu machen. Neben der Umgebung spielen oft auch persönliche Beweggründe oder die Veranlagung zu bestimmten Verhaltensweisen eine erhebliche Rolle.

So kann es etwa sein, dass ein Patient sich entsprechende Ruhezeiten nicht gönnt, da er meint in steter Anstrengung sein zu müssen, da das seitens der Umwelt, z.B. vom Arbeitgeber oder Angehörigen, erwartet würde. Häufig findet sich auch eine „unzureichende Abgrenzungsfähigkeit.“ Das bedeutet, dass der Patient nicht oder nur sehr schlecht in der Lage ist, angemessen „Nein“ zu sagen und sich damit vor Überanstrengung zu schützen. Dies kann beispielsweise gegenüber zu pflegenden Angehörigen, aber auch in der Arbeitswelt der Fall sein (wenn es um Überstunden oder ständige Erreichbarkeit geht).

Viele Patienten mit einem chronischen Erschöpfungssyndrom scheinen auch die Neigung zu haben, ihre eigenen Bedürfnisse zurückzustellen und diese der Tätigkeit für andere zu opfern. Diese Verhaltenstendenzen führen dazu, dass man viel leichter in ein chronisches Erschöpfungssyndrom gerät.
Die Behandlung in der Berolina Klinik berücksichtigt die Persönlichkeit, das Symptombild und die individuellen Ressourcen (Möglichkeiten) des Patienten unter besonderer Berücksichtigung des Erwerbslebens. Im Rahmen einer stationären psychosomatischen Rehabilitation bzw. psychotherapeutischen Behandlung kann der Patient erkennen, wie sehr die angedeuteten Themen Mitursachen für die chronische Erschöpfung sind. In den (Gruppen-)Therapien können sich Hinweise ergeben wie er dem anders begegnen kann. Mit diesen Erkenntnissen kommt er in die Lage, sein Inneres und äußeres Leben so zu verändern, dass die Erschöpfung zugunsten regenerativer Phasen abgebaut werden kann. Nur aufgrund von Selbsterkenntnis sowie einer sorgfältigen Einflussnahme auf eigenes Verhalten und die jeweiligen Umweltumstände, kann es zur dauerhaften Erholung und der zukünftigen Verhinderung von chronischen Erschöpfungszuständen kommen.

Ihr Ansprechpartner/Ihre Ansprechpartnerin

Prof. Dr. med. Torsten Passie M.A. (phil.)
Chefarzt Psychosomatik

Facharzt Psychiatrie und Psychotherapie
Suchtmedizin, Sozialmedizin

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Dr. med. Martina Henkel
Chefärztin Psychosomatik

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Psychotherapie, Geriatrie, Suchtmedizinische Grundversorgung

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